Suche
Close this search box.

Haben Sie schon von Bakteriophagen gehört?

Sie wirken gegen Bakterien, sind wahrscheinlich komplett frei von Nebenwirkungen und anders als bei Antibiotika, können sich Bakterien dagegen nicht resistent machen. Wenn alles gut geht, können österreichische Forscher 2021 die erste klinische Studie durchführen und das Produkt 2024/25 auf den Markt bringen. 

Dr. Lorenzo Corsini, PhagoMed Biopharma G

"Bei bestimmten Indikationen werden Phagen das beste Arzneimittel werden. Denn die gute Nachricht ist: Phagen sind wahrscheinlich komplett frei von Nebenwirkungen."

„Derzeit entwickeln wir ein Präparat zur Behandlung von Implantat-assoziierten Infektionen durch Staphylococcus aureus. Dazu haben wir Bakterien aus infizierten Prothesen isoliert und nach wirksamen Phagen gesucht. Das Medikament wird eine Mischung aus vier bis sechs Phagen sein, die gemeinsam jeden Stamm von Staphylococcus aureus bekämpfen, keine Resistenzen zulassen und Biofilm-aktiv sind.

Bestimmte Bakteriophagen sind in der Lage, den Biofilm aufzulösen, mit dem sich Bakterien gegen Antibiotika resistent machen.  Aktuell befinden wir uns in der präklinischen Phase. Wenn alles gut geht, können wir 2021 die erste klinische Studie durchführen und das Produkt 2024/25 auf den Markt bringen.“

"Phagen werden Antibiotika zwar nicht ersetzen, könnten aber eine sinnvolle Ergänzung dazu bilden. Die Entwicklung wird jedoch noch mehrere Jahre brauchen.“

Mag. Heinz Haberfeld, Landschaftsapotheke Baden

„Bakteriophagen sind nichts Neues, man hat sie nur wiederentdeckt. Ich glaube schon, dass sie Potenzial haben. Das Problem ist, dass man noch zu wenig über ihre Sicherheit und Unbedenklichkeit in der humanen Anwendung weiß. 

Trotzdem sind sie, gerade in unserer Zeit, in der die WHO die zunehmende Antibiotikaresistenz als eine der großen Herausforderungen postuliert hat, ein sehr interessantes Forschungsgebiet. Antibiotika werden sowohl in der Humanmedizin als auch in der Landwirtschaft und Tierzucht oft zu unkritisch angewendet. So züchten wir uns resistente Keime heran."

"Die Herausforderung liegt darin, dass man im Vorfeld den krankheitsauslösenden Erreger klar identifizieren muss. Und für die künftige Therapie und Akzeptanz wird eine feste, oral zu verabreichende Form wichtig sein."

Dr. Dominik Kaiser, Ludwigs-Apotheke, Wien

„Ich sehe die Phagentherapie als eine wichtige zukünftige Therapie im Kampf gegen Infektionskrankheiten. Ihr Vorteil ist, dass der Erreger gezielt angegriffen wird, ohne dabei gute Bakterien abzutöten, wie das fast immer bei Antibiotika der Fall ist. 

Ich kann mir gut vorstellen, Phagenpräparate in der Apotheke zu verkaufen. Nur würde ich mir dazu einen Bakterienschnelltest wünschen, mit dem ich in wenigen Minuten das richtige Phagentherapeutikum für meinen Kunden auswählen kann. Was Transport und Lagerung angeht, glaube ich nicht, dass es große Schwierigkeiten geben wird. Wir sind es gewohnt, mit Kühlware umzugehen, und es gibt bereits Bakteriophagen in Tablettenform. Für die künftige Therapie und Akzeptanz wird eine feste, oral zu verabreichende Form wichtig sein.“

"Bakteriophagen können eine wichtige Rolle spielen, aber es gibt große regulatorische Probleme."

Dr. Heinz Burgmann, MedUni, Wien

„Die moderne Medizin basiert auf erfolgreicher Infektionsvermeidung, aber auch -bekämpfung.  Bakteriophagen können hier eine wichtige Rolle spielen. Sie infizieren nur Bakterien und vermehren sich exponentiell, bis ihnen mit der Vernichtung der Zielbakterien die Lebensgrundlage fehlt. Es ist allerdings nicht einfach, für eine Therapie die richtigen Bakterienkiller auszusuchen. 

Die Bakterien des Patienten müssen zuerst kultiviert werden, danach kann man die Wirksamkeit der Phagen testen. Bislang gibt es sehr wenige randomisierte klinische Studien und keine EMA-Guideline für die Herstellung von Phagentherapeutika. Zu den großen regulatorischen Problemen gehören aber die Herstellung einer größeren Phagencocktailmenge unter GMP-Bedingungen sowie Qualitätssicherung und Kontrolle.

Ich sehe die Zukunft am ehesten im Zusammenspiel von Antibiotika und Phagen.“