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Agil, mutig und offen

Gesundheit 2050? Herba Impulse traf die Herba-Vorstände Mag. pharm. Dr. Andreas Windischbauer, Mag. pharm. Dr. Andreas Janka und Mag. Maximilian von Künsberg Sarre, um ein wenig den Blick in die Glaskugel zu wagen.
Herba Impulse: Wie wird die Apotheke 2050 aussehen?

Janka: Es ist ein Irrtum, zu meinen, dass man das im Jahr 2018 wissen kann. Das ist 32 Jahre in die Zukunft gedacht. Schauen wir 32 Jahre zurück: Da landen wir im Jahr 1986. Hätten wir damals geglaubt, dass wir 2018 alle mit einem Minicomputer in der Tasche herumlaufen werden? Ich erinnere mich gut, wie mich als Kind James Bond beeindruckt hat, wenn er in ein Mikrofon in seinem Ärmel geflüstert hat. Heute tun wir das alle, es ist normal. 

Windischbauer: Das Gesundheitssystem wird sich fundamental ändern – so viel wissen wir heute schon. Und wir kennen ein paar der wichtigsten Stichworte: Alterung und Digitalisierung sind zwei davon. 

Janka: Die Pharmazie wird komplexer, und wir dürfen den Patienten damit nicht allein lassen. Denken Sie an die sich rasch entwickelnde personalisierte und stratifizierte Medizin. Nicht jeder Apotheker wird ein Genetiker werden müssen, aber das Expertenwissen und die persönliche Betreuung des Patienten im Hinblick auf die Compliance werden gefragter denn je sei. Das ist eine große Chance für die Apotheken.

Windischbauer: Ich bin überzeugt, dass trotz Automatisierung und Digitalisierung die menschliche Interaktion im Gesundheitswesen ihren Stellenwert behaupten wird. Künstliche Intelligenz wird uns helfen, die Menge an Information zu verarbeiten, aber Intuition und emotionale Intelligenz werden weiterhin unersetzbar bleiben.

Wo verorten Sie den Großhandel 2050, wo die Herba?

Künsberg Sarre: Unser Kerngeschäft in der Distribution an der Schnittstelle zwischen Industrie und Einzelhandel wird bleiben. Denn das physische Produkt wird immer da sein. Was sich ändern wird, sind die Kommunikationsformen und der Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Stakeholdern in diesem Ökosystem. 

Andreas Windischbauer, Vorstandsvorsitzender
Künstliche Intelligenz wird uns helfen, die Menge an Information zu verarbeiten, aber Intuition und emotionale Intelligenz werden weiterhin unersetzbar bleiben.

Windischbauer: Als Logistikunternehmen ist autonomes Fahren für uns ein interessantes Feld. Man denkt als Erstes an den Individualverkehr – wie wird das sein, wenn ich nicht mehr am Steuer sitze? Aber was bedeutet das im Business, wenn notwendige Restriktionen wie gesetzliche Lenk- und Ruhezeiten wegfallen? Kosten für Distanzen werden sinken. Auch durch den Fortschritt des 3D-Drucks könnte sich in der Logistik einiges ändern: Produkte werden künftig wahrscheinlich viel öfter vor Ort „on demand“ ausgedruckt bzw. hergestellt. Es muss weniger zentral gelagert werden, damit können auch wiederum Kosten gesenkt werden.

Wird Gesundheit in Zukunft für alle leistbar sein?

Künsberg Sarre: Wenn von den rasanten Fortschritten in der Medizin gesprochen wird, sind damit meist Entwicklungen in Hochleistungsgesellschaften gemeint, und natürlich stellen sich da enorme Fragen der Verteilungsgerechtigkeit – wer hat den Zugang? Allein in Europa gibt es ein Ost-West-Gefälle. Wenn wir diese Fragen nicht lösen, werden die sozialen Spannungen zunehmen und wir haben ein Problem. Ich bin aber optimistisch. 

Worauf gründet sich dieser Optimismus?

Janka: Es gibt Statistiken, die – entgegen der allgemeinen Wahrnehmung – belegen, dass die Armut auf der Welt in den letzten 50 Jahren abgenommen hat, sowie Prognosen u. a. der OECD, die sagen, dass der Mittelstand weltweit weiter wachsen wird. 2030 könnte er schon zwei Drittel der Menschheit ausmachen. Schauen wir zurück auf die letzten 150 Jahre in Europa: Aus der extremen Ausbeutung zur Zeit der Industriellen Revolution sind letztlich unsere jetzigen Demokratien hervorgegangen, mit einer relativen Verteilungsgerechtigkeit.

Wie schätzen Sie die Entwicklung in Österreich ein?

Windischbauer: In Österreich sehe ich ein enormes Potenzial, die Effizienz zu steigern, also aus den Ressourcen, die ja da sind, mehr herauszuholen. Das Kernproblem ist, dass das Gesundheitswesen nicht menschen-, sondern systemzentriert ist. Wir organisieren alles rund um die verschiedenen Institutionen anstatt um den Patienten. Es ist historisch gewachsen – kein Mensch würde das auf der grünen Wiese so planen. Darüber herrscht, glaub ich, sogar in der Politik Einigkeit. Die Mittel und Entscheidungswege sind auf zu viele Player verteilt, es ist ein Dickicht, das Ressourcen nicht schonen kann.

Wie kann man das lösen?

Künsberg Sarre: Als Herba machen wir es vor – gemeinsam mit der Industrie und den Apotheken. Denn kein Unternehmen kann es sich leisten, ineffizient zu agieren. Erfolgreich kann nur sein, wer sein gesamtes Denken auf den Kundennutzen ausrichtet. Wir automatisieren und digitalisieren dort, wo es wirklich nützt – da sprechen wir nicht davon, Menschen wegzurationalisieren. Zum Beispiel das Papier, das wir mittlerweile in der Kommissionierung einsparen, das hat keinen Mehrwert gebracht. Was Maschinen besser können, lassen wir sie tun. Die frei werdenden Ressourcen investieren wir einerseits in Services für unsere Kunden. Zum anderen kompensieren wir damit den Kostendruck, der aus dem System kommt. 

Maximilian von Künsberg Sarre, Vorstand für Finanzen und Logistik
Kein Unternehmen kann es sich leisten, ineffizient zu agieren
Ist die Verantwortung im Gesundheitssystem richtig verteilt?

Windischbauer: Die Frage ist berechtigt. Wenn wir hören, dass in England eine künstliche Hüfte nur finanziert wird, wenn man in einem gewissen Alter ist, erscheint uns das sehr fragwürdig. In Österreich gibt es dafür keine klaren Regeln. Praktisch heißt das aber, dass wir die Gesamtverantwortung dem Arzt aufbürden – und die Stärke des Patienten und seines Umfelds schlagend wird. Da frage ich mich schon, ist das wirklich als sozialer zu bezeichnen? Das sind Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt.

Bremst das Thema Datenschutz den Fortschritt?

Windischbauer: Ja, aber das ist wichtig. Die Verfügbarkeit von Daten eröffnet viele Möglichkeiten, jedoch auch ein unglaubliches Potenzial für Missbrauch. Das kann man nur mit einer ausgeprägten Wertekultur lösen. Man hat leider das Gefühl, dass in den letzten Jahren Rückschritte passiert sind. Da haben wir als Gesellschaft noch einen Weg vor uns. Fortschritt bedeutet, nicht nur technologische, sondern auch juristische, soziale und ethische Fragen zu lösen. 

Sie sind alle Väter – wie alt werden Ihre Kinder im Jahr 2050 sein? Wie werden sie leben?

Künsberg Sarre: Unsere Kinder sind jetzt 6 bis 21 Jahre alt …

Janka: … also werden sie zwischen 39 und 54 sein. Da schließt sich wieder der Kreis zum anfangs Gesagten: Wie sie leben werden, wissen wir nicht. Meine Kinder wachsen in einer ganz anderen Welt auf als ich in dieser Lebensphase. Sie haben in jeder Minute Zugriff auf Wissen um den gesamten Globus. Das Studieren im Ausland ist viel leichter möglich als noch vor 30 Jahren. Mir fällt  dazu auch ein Gespräch ein, das ich schon vor einigen Jahren mit einer Apothekerin geführt habe. Als sie ein Kind war – um 1910 herum – war es ihre Aufgabe in der Apotheke ihrer Eltern, in der dunklen Jahreszeit am Nachmittag die Kerzen anzuzünden. Elektrischen Strom gab es nicht! Diese Dame hat es noch erlebt, das Internet zu nutzen, zu googeln – und sie war stolz darauf. Es ist enorm, welche Veränderungen in einer Lebensspanne vor sich gehen.

Und wie bereitet sich die Herba als Unternehmen auf eine Zukunft vor, die sie nicht kennt?

Windischbauer: Wir gehen ja nicht fünf Schritte auf einmal, es ist ein Prozess. Das Entscheidende wird sein, dass die Menschen in der Herba mutig sind, agil und offen für Neues. Das ist der beste Zukunftsgarant. Wir dürfen nicht starr an die Dinge herangehen oder uns zu sehr fürchten. Erfolgreich können wir sein, indem wir die Entwicklungen annehmen und es uns gelingt, sie in einen Mehrwert für unsere Kunden umzusetzen.

Künsberg Sarre: Das leben wir. Und Werte wie Offenheit und Mut sind es auch, die ich meinen Kindern weitergeben möchte.

Autor: et
Fotos: © Kati Bruder