Nur zwölf Prozent der Fläche Tirols sind besiedelbar. Berge und Wälder bedecken zwei Drittel des drittgrößten Bundeslandes. Auch wenn die Lieferwägen der Herba nicht alle der gut zehn innertirolerischen Pässe befahren müssen, um die blauen Kisten zu den rund 100 belieferten Apotheken zu bringen, sind die logistischen Anforderungen doch anspruchsvoll.
„Als Marktführer haben wir da eine besondere Verantwortung hinsichtlich der Qualität unserer Dienstleistung. Denn wenn ich während der Öffnungszeiten nur einmal täglich in die Apotheke komme, muss das zu 100 Prozent passen. Sonst hat der Patient, der das Medikament braucht, ein Problem“, sagt Stonig.
Seit 26 Jahren leitet der studierte Betriebswirt den Herba-Standort in Rum bei Innsbruck. Die Langjährigkeit der Kundenbeziehungen schaffe Vertrauen und erleichtere die Zusammenarbeit. „Mein Verkaufsleiter ist seit 35 Jahren im Betrieb. Er versteht, was unsere Kunden brauchen, kennt deren Bedürfnisse im Detail.“ Dennoch, dass die Herba ihre Marktführerschaft in einem hochkompetitiven Markt konstant halten kann, liegt – davon ist Stonig überzeugt – einzig an der Qualität der Leistung. „Da gibt es kein Geheimrezept.“ 22.000 Artikel sind in dem Lager in Rum vorrätig und können am selben Tag ausgeliefert werden. Der Kunde ruft zu Mittag an und erhält die Lieferung am Nachmittag. Damit das funktioniert, sind sieben versierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Telefonverkauf auch zu Stoßzeiten gut erreichbar. „Es ist diese Kombination aus Kompetenz, Erreichbarkeit und der Breite unseres Sortiments, die unsere Stärke ausmacht.“ (Ein bisschen mehr geht immer! Wie, lesen Sie hier)
Sachlich und unaufgeregt
Den gebürtigen Pongauer verschlug es zum Studieren nach Innsbruck. Er finanzierte sein Studium selbst, im Sommer durch Arbeit am Bau und als Skilehrer im Winter. Danach blieb er „am Studienort hängen“, zunächst fünf Jahre lang im Marketing eines internationalen Süßwarenkonzerns. Als er sich dort nicht mehr weiterentwickeln konnte, nutzte er die Chance, bei der Herba eine leitende Funktion zu übernehmen: Mit einem Großprojekt, der Zusammenlegung der zwei innerstädtischen Innsbrucker Standorte in einem Neubau an der Peripherie, stieg er ins Unternehmen ein. Das war 1992.
Um die Geschäftsführung übernehmen zu können, musste Stonig die Konzessionsprüfung für den Großhandel ablegen. „Mit meiner einseitig kaufmännischen Ausbildung war es eine Bereicherung, mich mit der Pharmazie zu beschäftigen. Ich habe mich immer schon für Naturwissenschaften interessiert.“ Seinen Führungsstil beschreibt er als sachlich und unaufgeregt, er hält gerne „den Ball flach“. Auf sein Führungsteam verlässt er sich zu 100 Prozent. „Das sind alles sehr langjährige Wegbegleiter und Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.“
Die vielfältige Verantwortung, die er selbst trägt – für Betriebsstätte, Logistik, Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen, Verkauf und rund 55 Mitarbeiter – ist sinnstiftend für ihn. Natürlich habe er den Ehrgeiz, den Standort in der Qualität weiterzuführen, sagt Stonig, „aber damit endet es nicht. Letztlich leiste ich meinen Beitrag zur Arzneimittelversorgung einer Region. Gesundheit verfügbar machen – Die Herba bringt’s – das ist mehr als ein schöner Claim.“ Da schwingt Stolz mit, und er meint, auch für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sprechen zu können, wenn er das sagt.
Motivation durch Wertschätzung
Sich selbst sieht er als Teil eines Zahnrad in dem Prozess, durch den das Medikament zum Patienten kommt. Und das gelte im gleichen Maß für jeden Mitarbeiter. „Wir leben von unseren Mitarbeitern, da gibt es nicht einen wichtigen und einen unwichtigen. Es funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen.“ Man glaubt ihm, wenn er das sagt. „Offenbar gelingt es uns nach wie vor, unsere Kunden von der Qualität unserer Leistung zu überzeugen, und ich bemühe mich, diese Botschaft, die Wertschätzung und Anerkennung, zu jedem Mitarbeiter zu tragen. Die Struktur, die wir bereitstellen, ist ja nur die Voraussetzung. Unsere Lagermitarbeiter – jeder einzelne von ihnen – müssen zur Stoßzeit einen guten Job machen, damit der Apotheker in Mayrhofen oder in Reutte, und mit ihm der Patient, das richtige Präparat bekommt.“
Stressresistent und leistungsbereit müssten seine Mitarbeiter sein, und sie zu finden, sei nicht immer leicht. Denn „auch hier befinden wir uns in einem Wettbewerb.“ Die junge Generation habe einen ganz anderen Zugang zum Thema Arbeit, beobachtet Stonig. Wie genau der aussehe, könne er noch nicht sagen. Diese Antworten müssten jedoch gefunden werden, in Rum, in der Zentrale in Wien, in der Gesellschaft. „Wir befinden uns in einer extrem spannenden Phase des Wandels.“
Eine laufende Anpassung findet statt – Lehrlinge werden in Rum nicht mehr als Drogisten ausgebildet, sondern als Logistiker, dem Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit entsprechend. Lehre mit Matura ist eine innovative, attraktive Option für junge Menschen, die in Rum schon wahrgenommen wurde. Ideen gibt es viele. So könnten Auszubildende etwa in Kooperation mit Kunden für einige Monate in der Apotheke arbeiten, um das gegenseitige Verständnis zu fördern.
Der Berg als Schule
Fragt man den 54-Jährigen, was wichtig ist im Leben, bekommt man eine klare Antwort: An erster Stelle steht die Familie. Die beiden Töchter sind schon ausgezogen, sie studieren beide naturwissenschaftliche Fächer, Biologie und Chemie. „Ein großer Teil der Sinnfrage ist damit schon abgedeckt, das muss ich niemandem erklären, der Kinder hat“, lächelt Stonig. „Man ist gefordert, über das Materielle hinaus – Werte zu vermitteln, Menschen auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit zu begleiten, sodass Persönlichkeiten aus ihnen werden, die Standpunkte haben.“ Das sei bedeutsam.
Seinen Ausgleich findet der Wahltiroler in der Natur, besonders in den Bergen. Die hat er in Axams, wo er mit seiner Frau lebt, unmittelbar vor seiner Haustür. Skitouren, Mountainbiken, das geht alles vom Haus weg, und das nutzt er auch. Dass er schon seit 38 Jahren bei der Bergrettung Dienst am Menschen macht, erwähnt Stonig in einem Nebensatz. Sieben Jahre lang war er Hüttenwart auf einer Berghütte in den nahen Stubaier Alpen, über den traditionellen alten Bergsteigerclub, in dem er Mitglied ist.
„Es gibt keine größere und bessere Schule als den Berg“, sagt der passionierte Alpinist. „Wenn dich etwas Demut lehrt, dann die Natur.“ Nicht nur die räumliche Betrachtung schaffe einen Perspektivenwechsel und helfe so, Abstand zu gewinnen, sondern auch die zeitliche. „Wenn man sich in einer Landschaft bewegt, die seit Jahrtausenden besteht, und wir schauen auf unsere paar Jahrzehnte zurück – das relativiert vieles.“ Es sei wichtig, was wir machen, im Beruf, in unserer Verantwortung. Aber man dürfe sich nicht darin verkrampfen. "Wir nehmen uns alle viel zu wichtig. Das ist für mich ein ganz bedeutsamer Satz."
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Autor: et
Fotos © Bernhard Wolf