Das war an einem Wochenende im Juli: Im „Kurier“ war ein extrem schlecht recherchierter Artikel über Arzneimittelknappheit erschienen, der konkrete Medikamente nannte. Darauf mussten wir sofort reagieren, denn das verunsichert die Bevölkerung zutiefst und kann zu Hamsterkäufen führen, die das Problem noch zusätzlich anheizen. Wir haben unmittelbar eine Richtigstellung via OTS-Mitteilung verschickt.
Das ist ein großes, aber auch sehr vielschichtiges Thema, wofür es kein Patentrezept gibt. Aufgrund der Merger betreibt die Industrie immer weniger Produktionsstandorte. Kommt es, warum auch immer, zu Ausfällen, sind wir unmittelbar betroffen. Voriges Jahr gab es beispielsweise bei einem spezifischen Bluthochdruckmittel Verunreinigungen – mit Auswirkungen für ganz Europa.
Teilweise, für viele Präparate gibt es Generika. Aber wenn von einem Tag auf den anderen große Mengen betroffen sind, ist das unmöglich. Im Sommer haben wir ein Präparat, das Abstoßreaktionen nach einer Transplantation in Schach hält, aus Deutschland und Italien importiert, damit die Patienten versorgt sind.
Die Taskforce gibt es seit etwa einem halben Jahr, sie setzt sich mit Lieferengpässen, Transparenz und DTP-Modellen, also „direct to pharmacy“, auseinander. Den Vorsitz hat Frau DI Dr. Christa Wirthumer-Hoche, Chefin der AGES, inne. Alle Stakeholder, die sich um die Arzneimittelversorgung kümmern, sind vertreten, wie etwa die Apothekerschaft, die Pharmig und Ärztekammer. Hauptsächlich diskutieren wir Lösungen, um die Versorgung sicherzustellen.
Es treten unterschiedliche Schwierigkeiten auf, wie zum Beispiel Fehleinschätzungen der Mengen, knappe Rohstoffe, Qualitätsthemen, immer weniger Produktionsstätten in Europa oder Probleme im freien Warenverkehr. Was Medikamente betrifft, ist Österreich nämlich ein Billigpreisland, das damit Parallelhandel erzeugt.
Einmal im Monat bzw. alle sechs Wochen treffen wir uns in der AGES, gehen die Punkte durch und arbeiten Vorschläge aus. Ich nehme an, dass wir diese bis Jahresende dem Gesundheitsministerium präsentieren können. Im Endeffekt geht es darum, dass wir ALLE den österreichischen Patienten bestmöglich versorgen wollen. Konkrete Schritte, etwa neue Gesetzesinitiativen, können dann unter dem neuen Minister bzw. der neuen Ministerin gesetzt werden.
Ja, bei den DTP-Modellen ist es uns gelungen, die Servicelevel-Agreements zwischen Industrie und Zustellern so zu vereinheitlichen, dass für alle eine Bestellannahme von Montag bis Freitag von 8 bis 18.15 Uhr gilt und die Auslieferung am nächsten Werktag erfolgt. Das trägt zu einer Entkrampfung bei, denn da geht es meist um extrem teure Präparate, oft verordnet nach Spitalsentlassungen am Freitagnachmittag.
Nein, und im Pharmagroßhandel gibt es die auch schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Vor 30 Jahren, als der restliche Handel noch gar nicht wusste, wie man Digitalisierung schreibt, lief die Bestellung bei uns und den Apotheken schon per Datenfernübertragung bzw. in weiterer Folge über das Internet. DTP ist ein klassischer Bypass, der den vollsortierten Pharmagroßhandel schwächt. Dadurch entgehen uns Deckungsbeiträge und den Patienten der perfekte Service. Durch unser ausgeklügeltes Logistiksystem sind wir nämlich in der Lage, jede Apotheke österreichweit in höchstens zwei Stunden zu beliefern. Wir sind wahnsinnig schnell. Die Durchlaufzeit im Wiener Lager beträgt im Schnitt 16 Minuten, das ist kaum zu toppen. Und wir investieren gerade in den Standort, um die Lagerbreite zu erweitern.
© Text: Greta Lun; Foto: Kati Bruder